
Schraubenbruch an einer Kupplungsnabe
Ursachenanalyse und Optimierung
In einer Chemieanlage kam es nach kurzer Einsatzzeit zu einem unerwarteten Schadensfall. Zwei Schrauben der Kupplungsnabe einer Antriebswelle (M16, Festigkeitsklasse 8.8) rissen. Die Bruchflächen zeigten Rastlinien, ein klassisches Zeichen für einen Ermüdungsbruch.
Für den Betreiber war klar: Die Verbindung musste zuverlässig nachgerechnet und die Ursache eindeutig ermittelt werden. Ziel war es, das Versagen zu verstehen, die Einflussfaktoren zu bewerten und die Verbindung nach den Vorgaben der VDI 2230 zu optimieren.
Ausgangssituation und Rahmenbedingungen
Die Verbindung befand sich in einem anspruchsvollen Umfeld. Schrauben aus Edelstahl, Kontakt zu Edelstahlbauteilen, wechselnde Temperaturen, variable Schmierung und aggressive Medien.
Montiert wurde mit einem festen Anziehmoment, ohne Kontrolle der tatsächlichen Reibwerte.
Eine solche Kombination führt häufig zu großen Streuungen der erzielten Vorspannkraft, und genau das zeigte sich auch hier.
Ausgangssituation und Rahmenbedingungen
Bei der Schadensaufnahme wurden mehrere mögliche Ursachen identifiziert:
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Unzureichende Vorspannung führte zu wechselnder Beanspruchung und damit zu Ermüdung.
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Große Streuung der Reibwerte beim Anziehen bewirkte stark unterschiedliche Vorspannkräfte.
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Exzentrische Belastung und Kupplungsfehler verursachten zusätzliche Biegung.
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Korrosive Umgebung und Fressen zwischen Edelstahlkomponenten veränderten die Reibverhältnisse.
Die Kombination dieser Einflüsse führte schließlich zum vorzeitigen Versagen der Schrauben.
Ursachenanalyse nach VDI 2230 mit MDESIGN
Zur systematischen Analyse wurde der Schadensfall mit MDESIGN bolt nach den Schritten der VDI 2230 untersucht.
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Bestimmung der Betriebslasten wie Drehmoment, Umfangskraft und Schwingungen
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Ermittlung der erforderlichen Klemmkraft zur Sicherstellung des Reibschlusses
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Abschätzung von Setzverlusten und thermischen Effekten
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Berechnung der erzielten Vorspannkraft in Abhängigkeit der Reibwerte
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Nachweis der Festigkeit und Dauerfestigkeit der höchst belasteten Schraube
Zunächst wurde die Belastungsverteilung im Mehrschraubenfeld nach Blatt 2 analysiert, um die lokal wirksamen Schraubenkräfte zu bestimmen.
Anschließend erfolgte für die kritischste Schraube nach Blatt 1 der vollständige Nachweis zu Vorspannung, Setzverlust, Nachgiebigkeit und Ermüdung.
Parametrische Analyse – Einfluss des Reibwerts
Zur Bewertung des Einflusses der Reibwertstreuung wurde eine parametrische Analyse in MDESIGN durchgeführt.
Annahmen:
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Schraube M16, Festigkeit 8.8
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Anziehmomente 120 Nm und 200 Nm
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Reibwertbereich µ = 0,08 bis 0,18
Die Ergebnisse verdeutlichten die hohe Sensitivität des Systems:
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Bei µ = 0,08 ergab sich eine Vorspannkraft von rund 68 kN
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Bei µ = 0,16 sank die Vorspannkraft auf etwa 36 kN
Damit zeigte sich, dass bei gleicher Montageeinstellung die erzielte Vorspannkraft nahezu um den Faktor zwei variieren kann.
In einer Excel-Berechnung wäre eine solche parametrische Auswertung mit variablen Reibwerten, iterativen Lastverteilungen und automatischer Dokumentation nur mit erheblichem Aufwand möglich.
MDESIGN ermöglicht diese Analysen dagegen in wenigen Minuten, nachvollziehbar, prüfbar und vollständig dokumentiert, inklusive grafischer Darstellung und Berichtsarchivierung.
Ergebnis mit parametrischer Analyse in MDESIGN
Die Berechnungen zeigen, wie sehr die erreichte Vorspannkraft von μ abhängen.
Zusammenhang mit dem Schadensfall
Die Untersuchung ergab, dass beim ursprünglichen Montagevorgang ein Drehmoment von 120 Nm verwendet wurde. Aufgrund der Edelstahloberflächen und einer realen Reibzahl um 0,16 wurde eine Vorspannkraft von nur etwa 36 kN erreicht.
Die verbleibende Klemmkraft reichte nicht aus, um die exzentrischen Betriebskräfte aufzunehmen. Die Schrauben erfuhren zusätzlich wechselnde Zug- und Biegespannungen. Die Spannungsamplitude überschritt die Dauerfestigkeit, was letztlich zum Ermüdungsbruch führte.
Lokale Querkraftanteile durch ungenügende Zentrierung, Vibrationen und mikroskopische Relativbewegungen beschleunigten den Schaden zusätzlich.
Bewertung konstruktiver Maßnahmen
Nach der Berechnung wurden verschiedene Maßnahmen bewertet und umgesetzt:
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Erhöhung der Vorspannkraft auf 50–60 kN (nach Festigkeitsnachweis)
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Reibwertmessungen an Musterbauteilen zur Ermittlung realer Montagebedingungen
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Definierte Schmierung mit reibwertstabilem Graphitfett für konstante Montagequalität
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Einsatz von Keilsicherungsscheiben, um Losdrehen unter Vibration zu verhindern
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Optimierung der Montage durch Drehmoment-Drehwinkel-Verfahren
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Einbau einer Zentrierhülse, um Querkräfte zu reduzieren
Validierung und Nachweis
Die überarbeitete Verbindung wurde nach der Optimierung erneut mit MDESIGN überprüft.
Zusätzlich erfolgte eine Messvalidierung mit Dehnmessbolzen.
Die gemessenen Vorspannkräfte stimmten innerhalb von drei Prozent mit den berechneten Werten überein. Im anschließenden Betrieb traten keine weiteren Schraubenbrüche auf. Die Verbindung blieb über mehrere Wartungsintervalle stabil.
Relevanz für die neue EU-Maschinenverordnung
Die mit MDESIGN erzeugte Dokumentation erfüllt bereits heute die Anforderungen an Nachweisführung und Prüfbarkeit, die mit der neuen EU-Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 ab Januar 2027 verbindlich werden.
Damit bildet die Berechnungsdokumentation nicht nur eine technische Grundlage, sondern auch einen rechtssicheren Nachweis für Hersteller und Betreiber. Etwas, das mit einer individuellen Excel-Berechnung kaum prüffähig abzubilden wäre.
Passender Fachartikel: Warum 2027 das Ende der Excel-Berechnung im Maschinenbau einleitet.
Fazit
Der Fall zeigt, wie entscheidend kontrollierte Montagebedingungen und nachvollziehbare Berechnungen für die Betriebssicherheit sind. Gerade bei Edelstahlverbindungen mit unbekannten Reibwerten kann die Vorspannkraft stark streuen und damit die Dauerfestigkeit überschreiten.
MDESIGN ermöglicht eine präzise, VDI 2230 konforme Berechnung mit automatischer Dokumentation und klarer Nachvollziehbarkeit.
So lassen sich Risiken frühzeitig erkennen, dokumentieren und abstellen, bevor sie zu Ausfällen führen.
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